Christlieb Ehregott Gellerts Entwicklung und schriften
Dr. Werner Lauterbach (1930–2012), Freiberg, 2004
Katja Judas, grundlegende Aktualisierung, 2013
Schüler und Student
C.E. Gellert besuchte die Stadtschule zu Hainichen, von November 1728 bis Januar 1732 die Fürstliche Landesschule Meißen. Nach einer heftigen Auseinandersetzung mit einem Lehrer folgte ein Disziplinarverfahren, er musste »unter Glockengeläut« die Schule verlassen. Dennoch durfte er ab 1732 an der Universität Leipzig studieren. Er war bereits nach St. Petersburg unterwegs, als er 1735 an der Philosophischen Fakultät der Universität Wittenberg den Magistergrad erwarb.
Pro- und Konrektor
Gellert wurde zunächst Prorektor, später Konrektor am Akademischen Gymnasium zu St. Petersburg und lehrte die Fächer Geschichte, Geographie und Logik. 1736 stieg er außerdem zum Adjunkt der Akademie der Wissenschaften zu St. Petersburg auf. Sein Wissen auf physikalisch-chemischem Gebiet wurde durch die Freundschaft zu Leonhard Euler (1707–1783) und Georg Wolfgang Krafft (1701–1754) wesentlich befruchtet. Erste wissenschaftliche Arbeiten erfolgten über das Verhalten von Blei in Kapillaren.
Außerordentlicher Professor und Privatdozent
1744 kehrte Gellert nach Sachsen zurück, weil ihm der Kurfürst eine Professur versprochen hatte. Er lebte ohne feste Anstellung in Hainichen und Leipzig. 1746 erschien seine Übersetzung des Buches »Elementa Artis Docimastica« (1739) von Johann Andreas Cramer (1710–1777) als »Anfangsgründe der Probierkunst in zweyen Theilen abgefasset«. Nach dem Tod des Vaters 1747 und dem damit verbundenen Auszug aus dem Pfarrhaus drängte Gellert auf eine verbesserte Situation. Er erhielt daraufhin aus Dresden eine Pension über 200 Taler und lehrte vermutlich als außerordentlicher Professor an der Universität in Leipzig. Seinen Lebensmittelpunkt verlagerte er bald nach Freiberg und gab auf Vermittlung seines Freundes, Oberberghauptmann Curt Alexander von Schönberg (1703–1761), Privatunterricht in Metallurgischer Chemie. Zu seinen Gasthörern zählten von 1749 bis 1750 vier junge Kadetten unter Leitung von Benedetto Spirito Nicolis di Robilant aus Turin, die König Carl Emanuel III. von Sardinien zum Studium des Berg- und Hüttenwesens nach Freiberg delegiert hatte. Das beeinflusste wesentlich die Herausgabe von Gellerts Buch »Anfangsgründe der Metallurgischen Chimie«.
Kommissionsrat und Oberhüttenverwalter
Gellert erhielt ein gut bezahltes Angebot aus Sizilien. Anlass für das Oberbergamt zu Freiberg, ihn zum Kommissionsrat votum consultativum, d. h. mit beratender Stimme, zu berufen. Damit hatte Gellert die Schmelzprozesse in den kurfürstlich-sächsischen Hütten zu überprüfen, Landesmineralien zu untersuchen, das Henckelsche Labor fort zu führen und die Entwicklung von Bergwerksmaschinen zu beaufsichtigen. 1762 wurde er zum Oberhüttenverwalter ernannt. Damit erhielt er die Oberaufsicht über die Schmelzhütten im Freiberger Raum und war für technische, kaufmännische und personelle Belange verantwortlich.
Hochschullehrer und Bergrat
Auf Grund seiner Funktion als Oberhüttenverwalter erfolgte mit der Gründung der »Churfürstlichen Bergacademie« Freiberg 1765 seine Berufung zum Leiter des metallurgisch-chemischen Kollegiums und 1782 die Ernennung zum Bergrat. Besondere Verdienste erwarb sich Gellert im Alter von 73 Jahren durch die Modifizierung der technischen Bedingungen zur Silbergewinnung mittels Quecksilber aus Erzen durch die kalte Fässer-Amalgamation. Johann Friedrich Wilhelm von Charpentier (1738–1805) leitete den Aufbau der Amalgamierhütte in Halsbrücke. In nur drei Jahren wurde an der Bergakademie dieses erste großtechnische Verfahren zur Produktionsreife entwickelt. 1790 eingeweiht, entstand die Anlage nach einem Brand zwischen 1792–94 erneut. Bis 1857 gewannen die Hüttenwerker etwa 350 Tonnen Silber nach diesem Verfahren.
Gellert beendete 1794 seine Vorlesungstätigkeit an der Bergakademie. Sein Nachlass mit seinen persönlichen und wissenschaftlichen Unterlagen ist bislang nicht auffindbar.
Schriften von Christlieb Ehregott Gellert
- »Von den Wappen«, in: Bemerkungen zu den Sanktpetersburger Nachrichten, Teile 3–5, vom 9./12./16. Januar 1739, S. 9–20 (ungesichert).
- »Zum Steigen und Fallen des Newa Strohms«, in: Bemerkungen zu den Sanktpetersburger Nachrichten, Teile 47–48, vom 12. Juni 1741, S. 185–192 (ungesichert).
- »De phaenomenis plumbi fusi in tubi capillaribus« (Über die Erscheinungen beim Eingießen von Blei in Kapillaren), in: Commentarii Academiae scientiarum imperalis petropoliotanae St. Petersburg 12/1750, S. 293–301.
- »De tubis capillaribus prismaticis« (Bewegung geschmolzener Metalle in prismenförmigen Kapillaren), in: Commentarii Academiae scientiarum imperalis petropoliotanae St. Petersburg 12/1750, S. 302–311.
- »De densitate mixtorum ex metallis et semi-metallis factorum« (Über die Dichte von Gemischen aus Metallen und Halbmetallen), in: Commentarii Academiae scientiarum imperalis petropoliotanae St. Petersburg 13/1751, S. 382–399.
- »Johann Andreä Cramers Anfangsgründe der Probierkunst«. Stockholm: Kiesewetter 1746. (2. Auflage. Leipzig, Heinsius 1766.*)
- »Anfangsgründe zur Metallurgischen Chimie«. Leipzig: Wendler 1750. (2. Auflage: 1751.* Verbesserte Ausgabe: Leipzig, Fritsch 1776.*)
- »Anfangsgründe zur Probierkunst, als der Zweyte Theil der practischen Metallurgischen Chimie«. Leipzig: Wendler 1755.*
- »Chimie Métallurgique«. Übersetzt von Paul Thiry d’Holbach. Paris: Briasson 1758.*
- »Metallurgic Chymistry«. Übersetzt von John Seiferth. London: Becket 1776. (Reprint in: Fathi Habashi: »C. F. Gellert. Metallurgic Chymistry.« Quebec, 1998.*)
- »Versuche, das in Dünste aufgelöste Wasser beym Schmelzen statt der Blasebälge anzuwenden«, in: August Wilhelm Köhler: Bergmännisches Journal, 2/1789, Bd. 1, Freiberg 1789, S. 93–97.
- »Von Abstrichbleytreiben«, ebd., 2/1789, Bd. 1, Freiberg 1789, S. 207–211.
- »Ueber ein künstliches rothes Kupferglas«, ebd., 3/1790 Bd. 1, Freiberg 1790, S. 146–148.
- »Principij fondamantali di metallurgia chimica secondo la teorica e la pratica«. Mailand: Giuseppe Galeazzi 1790.
- »Von der Verfertigung einer guten dauerhaften Farbe aus Gallmey und der gewöhnlichen aus Kobold gemachten blauen Farbe«, in: August Wilhelm Köhler: Bergmännisches Journal, 4/1791, Bd. 2, Freiberg, 1791, S. 402–405.
* Museumsbestand, Artikel als Kopien