INKLE UND YARIKO

Erstveröffentlichung in C. F. Gellert »Fabeln und Erzählungen«. Leipzig 1746.
Museumsmanga von Daniel Lorenz illustriert, Hainichen 2008.

Das Thema Als Johann Wolfgang Goethe ab 1765 in Leipzig studierte, hörte er auch bei Christian Fürchtegott Gellert Vorlesungen. Das könnte den jungen Studenten veranlasst haben, sich ebenfalls an einer Bearbeitung von »Inkle und Yariko« zu versuchen. Dabei stieß er jedoch auf Schwierigkeiten, wie er an seine Schwester Cornelia 1766 schrieb. Beurteilen lässt sich das nicht, Aufzeichnungen dieser literarischen Probe haben sich keine erhalten.
Gellerts Erzählung beeinflusste die Verbreitung des Stoffes im deutschsprachigen Raum. Während des 18. Jahrhunderts erschienen mehrere Trauer- und Singspiele unter diesem Titel, die ihn dann und wann als Quelle nennen. Auch Heinrich von Kleist erzählte eine Variante der Inkle-und-Yariko-Geschichte in »Die Verlobung in St. Domingo« . Gellert selbst schuf noch einmal mit der Figur des Cosackischen Mädchens in seinem Roman »Leben der Schwedischen Gräfin von G***« einen ähnlichen Charakter wie die Wilde Yariko.
Themen über Kolonialisierung, Naturvölker, Sklaverei, Exotik fanden unter dem Aspekt der Erziehung und Moral Interesse. Die Anziehungskraft des Fremden: Wissbegierde – Missbrauch, beides besteht weiter …

Die Schrift Ungewöhnlich für junge Augen: die Fraktur, die seit dem Mittelalter bis Anfang der 1940er Jahre in Deutschland zum Standard in Druckerzeugnissen gehörte. Insbesondere die Anwendung von Anfangs- und Mittel-S, auch spitzes S genannt, im Unterschied zum runden S am Wortende, scheint verwirrend. Weshalb dann ein rundes Schluss-S in » verwundrungsvoll « verwendet wird, erklärt sich aus der Wortzusammensetzung. Zu den Schriftmerkmalen gehören auch Ligaturen. Das sind Buchstabenverbindungen, die durchaus einem lesefördernden Reglement unterliegen. So fällt in der schicksalhaften Erzählung vom Engländer Inkle und der Wilden Yariko auf: In » Nachtzeit « stehen t und z einzeln, während in » setzt « die Ligatur von tz die Lautzugehörigkeit beider Buchstaben verdeutlicht.
Wie im 18. Jahrhundert erscheint das erste Wort der Folgeseite bereits am Seitenende; damals eine Buchbinderhilfe. Die im Heft benutzte Fraktur heißt »Breitkopf«, so wie einer der Leipziger Verleger, mit denen auch Gellert Kontakt hatte.

Literatur

Beutler, Ernst: Inkle und Yariko. In: E. Beutler: Essays um Goethe. Leipzig 1941. S. 380–388.
Gribnitz, Barbara: Schwarzes Mädchen, weißer Fremder: Studien zur Konstruktion von Rasse und Geschlecht in Heinrich von Kleists Erzählung » Die Verlobung in St. Domingo « . Würzburg 2002.
Heiss, Caroline: Slavery as a form of ethnic relations in »Inkle and Yarico«. Analysis of three different versions and teaching perspectives. Innsbruck, Univ., Dipl.-Arb., 2007.
Küchler Williams, Christiane: Erotische Paradiese. Zur europäischen Südseerezeption im 18. Jahrhundert. Göttingen 2004.
Okel, Hugo S.: Der Bürger, die Tugend und die Republik. »Bürgerliche Leitkultur« in den Niederlanden im 18. Jahrhundert im Spiegel der Moralischen Wochenschriften. Trier, Univ., Diss., 2004.
Price, Lawrence Marsden: Quod genus hoc hominum? Inkle and Yarico album. Berkeley, Univ. of California Press, 1937.
Reynolds, John: Gellerts Inkle und Yariko und der koloniale Diskurs der empfindsamen Aufklärung. Vortrag am 6. Juli 2007 in Halberstadt.
Schmid, Christian Heinrich: Ueber die Dichter, welche die Geschichte von Inkle und Yariko bearbeitet haben. In: Deutsche Monatsschrift (1799:1), S. 145–161.
Schmid, Christian Heinrich: Nachtrag zu dem Aufsatze über die Dichter, welche die Geschichte von Incle und Yariko bearbeitet haben. In: Deutsche Monatsschrift (1799:3), S. 74–-76.
Usterie, P.: »Inkel und Jariko«. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen, Jg. 63, Bd. 122 (N.F. 22) (1909), S. 358–368.

Links

• • • Prof. Walter Hinderer, Princeton: Goethe und Amerika.
• • • Kunz, Isabel: » Inkle und Yariko«. Der Edle Wilde auf den deutschsprachigen Bühnen des ausgehenden 18. Jahrhunderts.